Tantra ist ein spiritueller Weg und eine Weltanschauung die Antworten auf viele Frage des Lebens bietet.
Im Tantra werden verschiedene Gottheiten verehrt. Insofern ist Tantra eine Religion. Aber Tantra läd vor allem ein, das Göttliche in dir zu entdecken und in jedem anderen Menschen auch zu sehen.
Klassisches Tantra, als Untergruppe im Hinduismus und Buddhismus, verehrt die Gottheiten und Heiligen des jeweiligen Mainstream. Dabei bekommen die weiblichen Gottheiten deutlich mehr Aufmerksamkeit als anderswo. Als typisch tantrische Gottheiten werden häufig 10 Mahavidyas genannt.
Im Gegensatz zu vielen männlich orientierten Religionen, mit männlichen Propheten und Gottheiten, wo Sinnesfreuden als Hinderniss auf dem Weg zu Gott angesehen werden, werden im Tantra die Sinne als das Mittel auf dem Weg zur Erlechtung angesehen.
Dies korrespondiert mit der Shiva-Shakti Dualität, wo Shiva als einpünktiges Bewusstsein und Shakti als pure Energie bzw. Materie charakterisiert wird (was mit e=mc² übereinstimmt). Die „Einheitserfahrung“ kann mittels einpünktiger Konzentration erlangt werden, oder mittels Ausbreitung auf „alles“ (alle Materie / Energie). Es scheint, das Männer häufiger mittels geistiger Einpünktigkeit Erleuchtungserfahrung machen und Frauen häufiger mittels absoluter, energetischer Hingabe und Auflösung im Ganzen.
Geschichtlich bezieht sich Tantra auf eine Literaturgattung des indisdchen Mittelalters, die wesentliche Grundsätze und Methoden in einer sehr komprimierten Form beschrieben. Diese mussten auswendig gelernt werden, was durch die Reimform unterstützt wurde. Zusammen mit ausführlichen mündlichen Belehrungen des Meisters wurden sie aus vor-schriftlichen Zeiten mündlich überliefert. Die Sutras sind also interpretationsbedürftig weshalb im klassischen Tantra eine Lehrer-Schüler-Bindung wichtig war. Eine möglichst lange ungebrochene Überlieferungslinie wurde hoch gehalten. Seine Blütezeit hatte Tantra im alten Indien zwischen dem 6. und 12. Jahrhundert.
Inhaltlich beschreiben die Tantras meist die Unterweisung einer (meist männlichen) Gottheit gegenüber (meist weiblichen) Adepten in Meditationstechniken zur Erlangung der Erleuchtung.
Tantra ist eine Erfahrungswissenschaft, d.h. die Praxis wird eher auf ihre Wirksamkeit hinsichtlich der persönliche spirituelle Entwicklung geprüft als auf Übereinstimmung mit althergebrachten Lehren. Dabei verwenden einige Lehrer sehr unkonventionelle, auf die persönliche Situation der spirituellen Entwicklung einzelner Schüler zugeschnittene Übungen.
Tantra und Yoga sind weitgehend identisch. Tantra ist das Yoga der Energielenkung. Beide Systeme beziehen sich auf dieselben Schriften. Es gibt sowohl asketische Tantraschulen, als auch sinnliche Yogawege.
Ethische Grundregeln gelten auch für Tantrika. Die Yamas und Niyamas sind allgemein anerkannt. Die regelmäßige Sadana wird von Tantrikas erwartet. Der rituelle Tabubruch hat im Tantra eine spirituelle Funktion, aber keine Aufforderung die Regeln im Alltag zu missachten. Durch gesundes Leben mit Bewegung und Selbstreflexion halten wir den Tempel unserer Seele in Ordnung. Vor allem im buddhistischen Tantra ist auch eine Beteiligung am gesellschaftlichen Leben erwünscht. Die Bedürfnispyramide der Purusharthas erklärt unterschiedliche Lebensphasen. Ein ganzheitliches Menschenbild bezieht Körper, Geist und Seele in alle Fragen mit ein. Im Tantra wird viel auf der Ebene des Energiekörpers gesehen.
Der Begriff der feinstofflichen Energie wirft oft Fragen auf. Einige Phänomene der Welt lassen sich ohne diesen schwammigen Begriff schlecht erklären, und sind unter der Annahme dieser Energie ganz logisch. Im Tantra trauen wir uns, jenseits der materialistischen Wissenschaft weiter zu denken. Wissenschaftshistorisch wurden z.B. vor 200 Jahren viele Phänomene „unwissenschaftlich“ erklärt, die heute als Elektromagnetismus messbar sind. Heute würden Forschende ähnlicher Phänomenen an manchen Instituten ausgegrenzt. Neben Gedankenübertragung usw. wirft ein einfaches Gedankenexperiment zentrale Fragen auf. Wir können alle Wissenschaftler der Welt mit allen Kraftwerken und Supercomputern ausstatten, aber „Leben“ können sie nicht schaffen; allenfalls manipulieren oder simulieren. Die Tatsache, dass, wenn ich mir in den Finger schneide, die Zellen wieder zusammenwachsen, zeigt die Bedeutung von „Lebendigkeit“. Alle echten Bedürfnisse dienen letztendlich dem Bedürfniss nach Leben. Lebendigkeit zu verehren macht spirituell sinn. In diesem Kontext wird auch leicht erklärlich, warum Sexualität so viel „Energie“ hat. Aus Sex kann neues Leben entstehen. Das ist die höchste Energie, die wir erleben können.
Durch die tantrische Praxis wird eine ganzheitliche Entwicklung des Menschen gefördert.
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- Ethisches Handelns (für ein soziales Miteinander)
- Yoga und Tanz (für den Körper),
- Pranayama (Atemübungen für die Lebensenergie),
- Meditation und Mantras (magische Formeln und Gesänge für emotionale Ausgeglichenheit und geitige Klarheit),
- Mudras (Handformen), Yantras (magische Bilder) und Visualisierung (für eine Verbindung mit dem Göttlichen)
- Sinnliche Rituale (Höhepunkte zur Bekräftigung der eigenen Ausrichtung und zum energetischem Auftankten)
Durch tantrische Praxis wird der Hauptkanal (Sushumna) geöffnet, und eine magische Kraft (Kundalini-Energie genannt) steigt aus ihrer Basis im Beckenboden empor. Dieser Vorgang wird auch als Kundalini-Erfahrung bezeichnet wird.
Tempel
Wie andere Konfessionen auch, brauchen die Anhänger der Tantrischen Weltanschauung Räume. Räume, die die Praxis unterstützen und in denen soziale Gemeinschaft sich treffen kann. Im indischen Mittelalter ließen Adelige tantrische Tempel mit teilweise sehr expliziten sexuellen Darstellungen errichten. Die Verehrung der Lebenschaffenden Energie ist tantrisch folgerichtig. Offenbar hatte die indische Gesellschaft damit weniger Probleme, als die verklemmten mörderischen europäischen Kollonialherren. Bei uns im Westen werden tantrische Tempel erst mal Schutzräume für gesunde sexuelle und spirituelle Entwicklung sein. Bis glaubhaft das volle Potential sexueller Energie verehrt und spirituell genutzt werden kann, braucht es eine Portion Reife. Tantrische Tempel wären hier zunächst Treffpunkte der yogischen Ruhe, Entspannung und stiller Lebendigkeit.
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